Die St. Nicolai Kirche im Magdeburger Stadtteil ‚Neue Neustadt‘ ist eine evangelische Kirche. Ihr heutiger Bau erzählt eine fast tausendjährige Geschichte. Die Kirche ist dem heiligen Nikolaus gewidmet.

Der gleichnamigen Vorgängerbauten in der Alten Neustadt

Die Sankt-Nicolai-Kirche geht auf die Geschichte von 5 Kirchengebäuden zurück, die im Laufe der letzten Jahrhunderte im Ort Neustadt bei Magdeburg bestanden und Sankt Nicolaus, als Schutzpatron der Elbschiffer, geweiht waren.

Der Bau einer ersten Nicolaikirche erfolgte ab circa 1150. Im Zusammenhang von Streitigkeiten zwischen Otto IV. und dem Erzbischof von Magdeburg ließ Otto IV. die Neustadt und die umliegenden Gebiete verwüsten. Dem fiel auch die Kirche zum Opfer.

Es wurde eine zweite Nicolaikirche errichtet, die jedoch bereits 1481 wegen Baufälligkeit wieder abgerissen wurde.

Der dritte Bau wurde zwar umgehend begonnen, die Einweihung erfolgte aber erst 1528. Bereits am 1. April 1554 wurde das Gebäude erneut abgerissen, diesmal auf einen Befehl im Zuge der Belagerung der Stadt Magdeburg.

Die vierte Kirche wurde am 20. Mai 1585 durch den evangelischen Prediger am Magdeburger Dom Dr. Siegfried Sack eingeweiht. Die Einweihungspredigt ist überliefert. Sie enthält als Zitat eine Widmung, welche die abgängige kurze Widmungsinschrift der Torgauer Schlosskapelle von 1544 aufnimmt. Während der Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg wurde auch diese Kirche wieder stark beschädigt.

Der fünften Nicolaikirche war ein längeres Bestehen vergönnt. Die Einweihung erfolgte am Palmsonntag des Jahres 1654. Erst als während der französischen Besetzung im Jahre 1813 auf Befehl Napoleons die Magdeburger Vororte Neustadt und Sudenburg für ein verbessertes Schussfeld bzw. zum Ausbau der Festung Magdeburg weitgehend abgerissen wurden, wurde auch diese Kirche am 27. März 1813 durch Sprengung zerstört.

Geschichte der heutigen Nicolaikirche

Den Neustädter Bürgern wurde etwas weiter nördlich ein neues Gebiet zur Ansiedlung zugewiesen. Dort entstand die Neue Neustadt. Karl Friedrich Schinkel erhielt 1817 den Auftrag für den Entwurf einer Kirche für den neuen Ort. Es handelte sich um seinen ersten Kirchenbau. Schinkel schlug zunächst einen an der Gotik orientierten Bau vor. Der Entwurf wurde jedoch aus Kostengründen nicht umgesetzt. Ein zweiter Entwurf, der von Johann Conrad Costenoble in Abstimmung mit Schinkel erstellt wurde, wurde vom Magdeburger Stadtkommandanten wegen eines zu hohen Turms abgelehnt. Es wurde ein möglicher feindlicher Einblick in die Festung befürchtet. Für den dritten Entwurf erfolgte dann 1821 die Grundsteinlegung. Der Bau wurde durch den preußischen Staat unter Friedrich Wilhelm III. finanziell unterstützt. Die Einweihung fand am 10. Oktober 1824 statt. Die Nicolaikirche soll als Vorbild für die später von Schinkel entworfene Normalkirche gedient haben.

1845 erfolgte die Erhöhung der beiden Kirchtürme um ein Geschoss, 1849 wurde eine Kirchenuhr eingebaut. 1858 erfolgte eine Renovierung des Kircheninnenraums, 1862 der Orgel. Nach einem neuen Glockengeläut (1860) erhielt die Kirche 1866 eine Gasbeleuchtung mit 102 Flammen. Später, Ende der 1870er Jahre, erhielt die Kirche auch noch eine Heizung.

Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts fand eine erneute Restaurierung der Kirche statt. So wurden auch ein neuer Altar und bunte Glasfenster angeschafft.

1934 fand ein Umbau statt, im Zuge dessen Einbauten auf der Westempore entfernt und der aus dem Jahr 1712 stammende Taufstein von seinem mittigen Standort vor dem Altar vor den linken Chorbogen umgesetzt wurde. In den Jahren 1935/36 wurden westlich der Kirche die Predigerhäuser der St.-Nikolai-Gemeinde als Ersatzbau für Bauten vom Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Nicolaikirche bei einem Luftangriff am 29. September 1944 durch eine Sprengbombe getroffen. Die Bombe schlug in den Südturm ein. Das obere Stockwerk dieses Turms, aber auch Teile des Dachs und der Tonnendecke des Kirchenschiffs wurden zerstört. Weitere Schäden entstanden, als nach Kriegsende in der Nähe der Kirche befindliche Bunkeranlagen gesprengt wurden.

Der Wiederaufbau begann 1946 und war im Wesentlichen bis 1954 abgeschlossen. Das mittlere Fenster der Apsis wurde in diesem Zusammenhang zugemauert. Für diese Fläche schuf der Maler Günter Johl das Wandbild „Durchbrecher aller Bande“.

1975 erhielt die Nicolaigemeinde eine gebrauchte, zweimanualige Orgel mit 27 Registern und elektropneumatischer Traktur von A. Schuster & Sohn, Baujahr 1957. Diese war ursprünglich für die Heilig-Geist-Kirche angefertigt worden. Die Orgel konnte dort nicht mehr aufgestellt werden, da die sozialistischen Planer diese ihnen nicht ins Stadtbild passende Kirche 1959 sprengen ließen. Da eine Orgel im Dom seit dem Bombardements von 1945 fehlte, wurde die Schuster-Orgel, obwohl sie für die Kathedrale völlig unterdimensioniert war, als Notlösung dort aufgestellt, und, nachdem dort eine Schuke-Orgel mit 37 Registern in Betrieb genommen werden konnte, 1975 unter Weglassen des Prospektes und einem Ausdünnen der Klangfülle (Ausbau des Registers Offenbaß 16`, sowie der untersten Oktave der Hauptwerksprinzipale 8` und 4`) nach St. Nicolai umgesetzt.

Im Jahr 1993 stürzte an der Südseite der Kirche das Traufgesimse ein. Es wurden umfangreiche Sanierungsarbeiten eingeleitet, die auch eine Erneuerung des morschen, von Kernfäule betroffenen Dachstuhls, eine neue Deckung des Dachs mit Schiefer und eine Erneuerung der Tonnendecke umfassten.

Die mit Nachkriegsmaterial gebaute Schuster-Orgel ist inzwischen verschlissen, brauchbare Register sollen in einen Neubau, dessen Fertigstellung für 2024 geplant ist, übernommen werden.

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