Ein historischer Meilenstein in der Archäologie: In einem spektakulären Fund haben Archäologen in Magdeburg, einst eine blühende Stadt unter Kaiser Otto I., erstmalig Relikte eines Großbaus ottonischen Baustruktur freigelegt.

Die aktuellen Ausgrabungen auf dem Domplatz führten zur Entdeckung einer beeindruckenden, halbrunden Mauer einer Apsis und angrenzenden Grundmauern aus dem 10. und 11. Jahrhundert. Diese historischen Zeugnisse stammen aus einer Zeit, als ein monumentales Bauwerk unter Otto dem Großen das Stadtbild in der heutigen Altstadt von Magdeburg prägte.

Kaiser Otto I.: Ein Architekt mittelalterlicher Macht

Geboren 912 in Sachsen, entwickelte sich Otto I. zu einem der prägendsten Herrscher des mittelalterlichen Europa. Seine Herrschaft, gekennzeichnet durch strategische Heirat, erfolgreiche Feldzüge und weitsichtige Politik, führte ihn vom König des Ostfrankenreichs bis zur Krönung als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches im Jahr 962. Unter seiner Führung entwickelte sich die Ottostadt Magdeburg, ab 936 verstärkt ausgebaut, zu einer Schlüsselkaiserpfalz inmitten von Europa und einem christlichen Vorposten. Die Errichtung des ersten Magdeburger Doms und des Moritzklosters verlieh der Stadt ihren Status als eine der wichtigsten deutschen Metropolen des Mittelalters.

Die Suche nach der Vergangenheit: Frühere Ausgrabungen

Die historische Bedeutung Magdeburgs in der Zeit der Ottonen war bislang nur durch spärliche archäologische Funde belegt. Untersuchungen in den 1960er Jahren auf dem erhöhten Domhügel am Westufer der Elbe ergaben Fundamentgräben eines ottonischen Großbaus, die jedoch nicht vollständig waren. Diese Lücke in der historischen Überlieferung motivierte zu weiteren Forschungen.

Nördlich des aktuellen Doms stießen Archäologen auf die Grundmauern eines anderen, monumentalen Gebäudes, das anfänglich als ottonische Königspfalz und Palatium Ottos des Großen gedeutet wurde. Doch spätere Ausgrabungen offenbarten, dass diese Überreste hauptsächlich dem 12. Jahrhundert zuzuordnen sind. Weitere Teile des Komplexes, gefunden zwischen 2001 und 2003 östlich des Domplatzes, gehören wahrscheinlich zum Bischofspalast Norberts von Xanten, Magdeburgs Erzbischof von 1126 bis 1134.

Warum ist der Fund der Baustruktur so besonders?

Der jetzige Fund der ottonischen Baustruktur in Magdeburg ist aus mehreren Gründen besonders bedeutsam:

  1. Einblick in die Frühgeschichte Magdeburgs: Die Entdeckung gibt seltene Einblicke in die ottonische Zeit, eine Epoche, die für die Entwicklung Magdeburgs und des Heiligen Römischen Reiches sehr wichtig war. Solche archäologischen Funde sind selten, was sie zu einer wertvollen Quelle für das Verständnis der städtischen und architektonischen Entwicklung im mittelalterlichen Deutschland macht.
  2. Verbindung zu Kaiser Otto dem Großen: Die Baustruktur stammt aus der Ära von Kaiser Otto I., einem der bedeutendsten Herrscher des mittelalterlichen Europas. Dieser Zusammenhang erhöht den historischen Wert des Fundes, da er direkt mit der Regierungszeit eines bedeutenden Kaisers verbunden ist, der eine entscheidende Rolle in der Formung der europäischen Geschichte spielte.
  3. Architektonische Einblicke: Die Entdeckung der Mauer einer Apsis und anderer Baustrukturen bietet wertvolle Informationen über die Bautechniken und architektonischen Stile der Ottonenzeit. Solche Funde können Aufschlüsse über die Bauplanung, Konstruktionsmethoden und ästhetischen Vorlieben der Epoche geben.
  4. Lückenschließung in der Stadtgeschichte: Bisher gab es nur begrenzte physische Beweise für die ottonische Architektur in Magdeburg. Die Entdeckung hilft, Lücken in der historischen Aufzeichnung der Stadt zu schließen und liefert konkrete Beweise für die Existenz und das Ausmaß ottonischer Bauwerke.
  5. Bestätigung historischer Quellen: Der Fund bestätigt schriftliche Quellen über Magdeburgs Bedeutung in der Ottonenzeit und gibt Historikern und Archäologen ein besseres Verständnis der tatsächlichen historischen Gegebenheiten.
  6. Potenzial für weitere Forschung: Die Entdeckung öffnet die Tür für weiterführende archäologische Untersuchungen, die unser Wissen über die ottonische Periode und deren Einfluss auf die spätere europäische Geschichte erweitern können.

Neue Entdeckungen schließen die historische Lücke

Die jüngsten Ausgrabungen, geleitet von Holger Grönwald, begannen im Oktober 2023 in der Südostecke des Magdeburger Domplatzes. Hier gelang dem Team ein bedeutsamer Fund: die ungestörten Überreste eines ottonischen Gebäudes. Dies umfasst eine massive Außenmauer einer Apsis sowie einen angrenzenden Mauersockel, die bisher in Magdeburg nicht dokumentiert waren.

Diese Entdeckungen bestätigen die Existenz eines repräsentativen ottonischen Bauwerks. Die Struktur der Außenwand der Apsis, möglicherweise durch Halbsäulen oder Pilaster verziert, sowie die angeschrägten Sockel aus Gipsmörtel an den Grundmauern zeugen von fortschrittlichen bautechnischen Kenntnissen.

Fazit: Ein neues Kapitel in der Magdeburger Geschichte

Laut dem Bild der Wissenschaft repräsentieren die jüngsten archäologischen Funde nicht nur verloren geglaubte Baubestände der ottonischen Ära, sondern beleuchten auch das immense Potenzial der archäologischen Forschung in Magdeburg. Sie bestätigen, dass der Magdeburger Domplatz im Mittelalter zwei bedeutende Bauphasen erlebte – die monumentalen Bauten der Ottonenzeit, gefolgt von weiteren Großprojekten im 12. Jahrhundert.

Diese bedeutenden Entdeckungen eröffnen ein neues Kapitel in der Erforschung der mittelalterlichen Geschichte Magdeburgs und beleuchten die Stadt als zentralen Schauplatz in der Epoche Ottos des Großen.

Weiterführende Informationen zu den Ausgrabungen finden sich im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt – Landesmuseum für Vorgeschichte.

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